Freitag, 26. April 2024

PUTINS WARNUNGEN - LZ

 Entnommen: https://linkezeitung.de/2024/04/26/die-gefahr-wird-realer-dringen-putins-warnungen-vor-einem-atomkrieg-zu-den-amerikanern-durch/


Die Gefahr wird realer: Dringen Putins Warnungen vor einem Atomkrieg zu den Amerikanern durch?

VERÖFFENTLICHT VON LZ ⋅ 26. APRIL 2024 ⋅ HINTERLASSE EINEN KOMMENTAR


Von Thomas Röper – http://www.anti-spiegel.ru

Westliche Medien und Politiker lügen ständig, Russland drohe mit einem Atomkrieg. Dabei ist das Gegenteil der Fall, denn Russland warnt immer eindringlicher vor der Gefahr eines Atomkrieges, aber offenbar versteht man im Westen gar nicht, mit welchem Feuer man spielt.

Man kann durchaus sagen, dass in russischen Expertenkreisen eine gewissen Verzweiflung vorherrscht, weil die westlichen Eliten offenbar nicht verstehen, mit welchem atomaren Feuer sie spielen. Wer meint, eine Nuklearmacht sei militärisch besiegbar, der scheint vergessen zu haben, dass auch die zurückhaltendste Atommacht Gegner im Falle des eigenen Untergangs seine Gegner mit in den Untergang reißen würde. Das gilt für Israel, das aus diesem Grunde nicht mehr ernsthaft angegriffen wurde, seit es ein offenes Geheimnis ist, dass Israel die Atombombe hat. Das gilt aber auch für alle anderen Atommächte, inklusive Russland.

Im Westen wird hingegen fabuliert, Russland dürfe in der Ukraine nicht gewinnen, oder sogar, Russland müsse den Krieg verlieren. Spätestens letzteres würde bei dem Krieg an Russlands Grenze aus russischer Sicht die Gefahr des Endes des russischen Staates bedeuten, was zwangsläufig dazu führen würde, dass Russland sich gezwungen sehen würde, als letzte Chance auf Atomwaffen zu setzen.

Das ist keine bahnbrechende Erkenntnis, die USA und alle anderen Atommächte würden ja nicht anders handeln.

Trotzdem eskaliert der Westen weiter, erhöht die Einsätze und verschärft seine Rhetorik, was am Ende zur atomaren Katastrophe führen dürfte. Es ist ja kein Krieg an den Grenzen der USA, der die Existenz der USA gefährden würde, wenn der Krieg verloren geht. Man sollte im Westen mal wieder anfangen, die Dinge auch aus der Sicht des Gegners zu sehen und sich die Situation umgekehrt vorstellen.

Offenbar ist den Eliten im Westen nicht bewusst, mit welchem Risiko sie spielen, und diese Sorglosigkeit und dieses Unverständnis der Entscheidungsträger im Westen sind es, die russische Experten buchstäblich zur Verzweiflung bringen. Schon im letzten Sommer hat ein sehr einflussreicher russischer Experte in einem in Russland heiß diskutierten Aufsatz gefordert, Russland solle irgendwo in Europa, beispielsweise in Polen, eine kleine Atombombe zünden, damit der Westen endlich versteht, worum es tatsächlich geht.

Der Experte hatte die Eskalationspolitik des Westens analysiert und sah keine andere Möglichkeit mehr, einen großen Atomkrieg zu verhindern, als einen nuklearen „Warnschuss“, um die Traumtänzer in den westlichen Regierungen endlich aus ihren unrealistischen Vorstellungen zurück in die harte Wirklichkeit zu holen.

Auch Präsident Putin hat im Februar in seiner Rede an die Nation auf diese Gefahr hingewiesen, ohne dass es im Westen jemand gehört hätte. Nun aber scheinen einige einflussreiche Kolumnisten in der USA doch begonnen zu haben, das Thema zu verstehen. Darüber hat Andrej Schitow, einer besten USA-Kenner Russlands, bei der TASS einen ausgesprochen lesenswerten Artikel verfasst, den ich übersetzt habe.

Beginn der Übersetzung:

Debatte über nukleare Drohungen: Dringen Putins Warnungen zu den Amerikanern durch?

Andrej Schitow über die Frage, ob man sich öfter mal einen Atomkrieg vorstellen sollte

In seiner Februar-Rede vor der russischen Föderalversammlung erinnerte der russische Präsident Wladimir Putin an „das Schicksal derer, die einst ihre Kontingente in unser Landes geschickt haben“. „Aber jetzt werden die Konsequenzen für mögliche Interventionisten noch viel tragischer sein“, warnte er. „Sie müssen endlich begreifen, dass auch wir Waffen haben … die Ziele auf ihrem Gebiet treffen können.“

„Und alles, was sie sich jetzt ausdenken, womit sie die ganze Welt in Angst und Schrecken versetzen, all das droht wirklich zu einem Konflikt mit dem Einsatz von Atomwaffen zu werden, was die Zerstörung der Zivilisation bedeutet – verstehen die das nicht?“, fuhr der russische Präsident fort und fügte hinzu, dass die Leute, um die es geht, anscheinend „schon vergessen haben, was Krieg ist“.

Ich habe Angst, es heraufzubeschwören, aber das von Putin geforderte Verständnis scheint im öffentlichen Bewusstsein der USA allmählich aufzutauchen – wenn nicht in der herrschenden Elite selbst, so doch zumindest bei denen, die ihr medial und ideologisch dienen. Kürzlich haben zwei der führenden liberalen Zeitungen des Landes – zuerst die New York Times und dann der Boston Globe – ausführliche redaktionelle Kommentare zum Thema der nuklearen Sicherheit abgegeben. Der Boston Globe veröffentlichte einen Artikel mit dem Titel „Wir müssen anfangen, uns über die Bombe Sorgen zu machen“, begleitet von einem Video mit dem Titel „Russland beschuldigt die Ukraine, eine Nuklearanlage angegriffen zu haben“, in dem Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte, dass die ukrainischen Angriffe auf das Kernkraftwerk Saporoschje eine „sehr gefährliche Provokation“ seien.

„Zeit, zu protestieren“

Das März-Special At the Brink der New York Times ist ein multimediales Paket über nukleare Bedrohungen; ich kann mich nicht erinnern, dass ich in den mehr als vier Jahrzehnten, in denen ich die Zeitung lese, jemals etwas Vergleichbares gesehen habe. Der einleitende Essay der Redakteurin der Kolumnenseite, Kathleen Kingsbury, trägt den Titel „Es ist Zeit, wieder gegen Atomkriege zu protestieren“. In einem der Texte des Hauptautors des Projekts, William Hennigan, wird betont: „Selbst ein begrenzter Atomkrieg kann katastrophale Folgen haben. Im Jahr 2022 zeigte eine wissenschaftliche Studie, dass bei der Zündung von 100 Bomben der Größe von Hiroshima – weniger als ein Prozent des geschätzten weltweiten Atomwaffenarsenals – in bestimmten Städten mehr als fünf Millionen Tonnen Ruß in die Luft geblasen werden könnten, der den Himmel bedeckt, die globalen Temperaturen senkt und die größte globale Hungersnot der Geschichte verursacht. Schätzungsweise 27 Millionen Menschen könnten sofort sterben und bis zu 255 Millionen weitere würden in den folgenden zwei Jahren hungern und sterben.“

Die Zeitung berichtet, dass sie ihr Projekt etwa ein Jahr vorbereitet hat. Sie schreibt: „Diese Geschichte darüber, was auf dem Spiel stünde, wenn auch nur eine kleine Atomwaffe eingesetzt würde, basiert auf Modellrechnungen, Recherchen und Hunderten von Stunden an Interviews mit Menschen, die eine Atomexplosion überlebt haben, die ihr Leben der Erforschung eines Atomkriegs gewidmet haben oder die Pläne für das, was danach passieren würde, gemacht haben.“

Der New York Times zufolge enthüllt sie nun „zum ersten Mal die Details“, wie Washington und Kiew „fast zwei Jahre mit der Planung dieses Szenarios verbrachten haben“; wie im Herbst 2022 die Wahrscheinlichkeit eines Atomschlags als Reaktion auf die geplante Invasion der Krim durch ukrainische Streitkräfte von den US-Geheimdiensten „auf 50:50“ geschätzt wurde; wie die USA, „auf das Schlimmste vorbereitet, eilig Ausrüstung und Vorräte nach Europa brachten“, einschließlich Probenentnahmegeräten und „mehr als tausend Handdosimetern“. Beachten Sie dabei übrigens, wie Washington die wahrscheinlichen Folgen der ukrainischen „Gegenoffensive“ einschätzte, die sie selbst angezettelt hatten.

Das „Tiger Team“

Die New York Times berichtet auch, wie „viel früher, nur vier Tage nach dem Beginn“ der russischen Militäroperation, eine spezielle behördenübergreifende Arbeitsgruppe mit dem Namen „Tiger-Team“ im Stab des Weißen Hauses unter dem Dach des Nationalen Sicherheitsrates der USA eingerichtet wurde, um „ein neues nukleares Playbook zu entwickeln, das Pläne und Reaktionen für verschiedene Situationen beschreibt“. Dieses „detaillierte Menü diplomatischer und militärischer Optionen“, das „für den Fall eines nuklearen Angriffs in der Ukraine“ entwickelt wurde, wartet nun laut der Zeitung im Eisenhower Executive Office Building, direkt neben dem Westflügel des Weißen Hauses, wo sich das Oval Office des US-Präsidenten befindet, bis seine Zeit kommt.

In dem Bericht heißt es schließlich, dass der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu am 23. Oktober 2022 seine Kollegen aus den USA, Großbritannien, der Türkei und Frankreich anrief, um sie vor einer möglichen Provokation durch die ukrainischen Streitkräfte mit einer „schmutzigen Bombe“ zu warnen. Der Zeitung zufolge „glauben viele in Washington“, dass das der Moment des „größten Risikos eines Atomkriegs seit der Kubakrise von 1962“ gewesen sei. Danach nahm die Spannung rund um das Thema der nuklearen Bedrohung allmählich ab. Jetzt steigt sie bekanntlich – wegen der häufigeren ukrainischen Angriffe auf das Kernkraftwerk Saporoschje – wieder an.

Die „theologische“ Frage

Ein gesonderter Kommentar in dem Paket der New York Times ist der Frage der „alleinigen Autorität“ (sole authority) des US-Präsidenten gewidmet, ohne den Kongress oder einen seiner Berater zu konsultieren, den Einsatz von Atomwaffen anzuordnen. Es wird erklärt, dass diese Regel am 10. August 1945 eingeführt wurde – „nur wenige Tage nach den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki“; der damalige US-Präsident Harry Truman hielt sie für notwendig, um eine Selbstherrschaft des Militärs zu vermeiden.

Heutzutage ist das Thema natürlich besonders aktuell, wenn man den körperlichen und geistigen Zustand des derzeitigen US-Präsidenten Joe Biden betrachtet. Im Text ist davon allerdings keine Rede; er erwähnt lediglich vergangene erfolglose Versuche, die Kontrolle über den nuklearen Knopf in den USA zu verschärfen, insbesondere 1976, „als bekannt wurde, dass Präsident Richard Nixon in den letzten Tagen seiner Amtszeit oft betrunken und depressiv war“. Bidens Nationaler Sicherheitsberater Jake Sullivan sagte, sein Büro überprüfe derzeit, ob die Kontrolle ausreichend sei, fügte aber hinzu, dass „das Thema komplex, fast theologisch“ sei und „noch keine Entscheidung getroffen wurde“.

Hennigan seinerseits bezeichnet den derzeitigen Ansatz als „inakzeptabel“, zumindest im Hinblick auf einen nuklearen Erstschlag. Unter Berufung auf eine Umfrage des Chicago Council on World Affairs aus dem vergangenen Jahr weist er darauf hin, dass 61 Prozent der Amerikaner den Ansatz ebenfalls als unbefriedigend (uncomfortable) ansehen. „Der Kongress sollte unverzüglich einen neuen Rechtsrahmen schaffen, der die Möglichkeiten des Präsidenten einschränkt, einen nuklearen Erstschlag ohne die Zustimmung eines anderen hohen Beamten anzuordnen, es sei denn, die USA werden bereits angegriffen“, schreibt der Autor.

Man muss ja von irgendwas leben…

Übrigens wird in dem Bericht über dieselbe Umfrage insbesondere die „wenig bekannte“ Tatsache erwähnt, dass die USA 1945 auch Tokio bombardieren wollten und Truman seine Entscheidung, den Appetit des Militärs zu zügeln, vor diesem Hintergrund getroffen hat. Darüber schreibt Hennigan nicht, und Hiroshima und Nagasaki werden nur am Rande erwähnt. Doch die New York Times veröffentlichte im Nachhinein eine Sammlung von Leserreaktionen auf das Sonderprojekt, und in einer davon kritisierte ein gewisser Joel Young, ein Historiker und Autor eines kantigen Buches über den internationalen Terrorismus aus New Mexico, die Zeitung für diese Auslassung.

„Ihre Serie ist sicherlich ein wichtiges und seit langem benötigtes Beispiel für Kommentare und analytischen Journalismus“, schrieb er. „Aber die New York Times hätte nicht in unverantwortlicher Weise die Gelegenheit verpassen dürfen, jüngere Leser über die Bedeutung unseres eigenen Handelns aufzuklären – nicht nur bei der Schaffung, sondern auch beim weltweit ersten Einsatz von Atomwaffen, und zwar auf die schrecklichste Weise. In der Tat verlangte nicht nur die historische Wahrhaftigkeit, sondern auch das Gewissen, dass ein detaillierter Bericht über unsere Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki am Anfang dieser äußerst wichtigen Serie hätte stehen sollen.“

Andererseits hat die Zeitung einen Brief von Ken Ross aus Michigan zu veröffentlicht, in dem es heißt, dass es die Militäroperation und die damit verbundenen Bedrohungen heute wahrscheinlich nicht gäbe, wenn die Ukraine nicht „im Austausch für das Budapester Memorandum“ von 1994 auf Atomwaffen verzichtet hätte. Na ja, die Andeutung ist klar: Die Zeitung, die der regierenden US-Partei nahesteht, versucht ihr Bestes, um die Situation gegen Russland und Putin umzudrehen. Schließlich zitierte Kingsbury die Warnung des russischen Präsidenten vom Februar als eine „Drohung“. Aber andererseits ist auch die allgemeine Bedeutung des Sonderprojekts klar: Propaganda ist Propaganda, aber man muss ja von irgendwas leben…

Außer Sichtweite und Vorstellungskraft

Der Boston Globe beginnt seinen redaktionellen Kommentar mit der Feststellung, dass das Thema der nuklearen Bedrohung im öffentlichen Bewusstsein der USA noch nicht den ihm gebührenden Platz eingenommen hat. Als Beleg dafür führt die Zeitung die Tatsache an, dass dieses Thema weder in der Rede des Präsidenten zur Lage der Nation im März noch in den jüngsten Gallup- und Pew-Umfragen darüber, worüber sich die Amerikaner derzeit Sorgen machen, erwähnt wurde.

„Wie kommt es, dass die offensichtlichste und dringlichste Gefahr für die Menschheit – noch dringlicher als der Klimawandel und um mehrere Größenordnungen zerstörerischer als Massenmigration, Inflation, Kriminalität oder Terrorismus – für die große Mehrheit der Amerikaner so völlig außerhalb der Sichtweite und der Vorstellungskraft (out of sight and mind) ist?“, fragt die Zeitung. Obwohl sie sagt, sie habe noch „Hoffnungsschimmer“, dass der jüngste Hollywood-Blockbuster „Oppenheimer“ und das neue Buch der kalifornischen Journalistin Annie Jacobsen, „Nuclear War: A Scenario“, ein belletristischer Bericht über einen hypothetischen Schlag gegen die USA durch Nordkorea, die Aufmerksamkeit auf das Thema lenken werden. Übrigens scheint es, dass es auch auf die Leinwand kommt, und zwar nicht von irgendjemandem, sondern von dem berühmten Kanadier Denis Villeneuve.

„Macht keine Dummheiten“

In diesem Zusammenhang solidarisiert sich der Boston Globe mit dem Sonderprojekt der New Yorker Kollegen, fasst deren Empfehlungen zusammen und versucht, sie zu ergänzen. Die Zeitung schreibt: „Das Problem ist zu groß und komplex für einfache Lösungen. Aber für den Anfang könnte der nächste Präsident Russland dazu drängen, an den Verhandlungstisch zurückzukehren und den letzten der weltweit bestehenden Atomverträge, den NEW-START-Vertrag, zu verlängern.“ Der Vertrag über Maßnahmen zur weiteren Reduzierung und Begrenzung strategischer Offensivwaffen läuft im Jahr 2026 aus.

„Die New York Times empfahl, mehrere zusätzliche Maßnahmen in Erwägung zu ziehen, darunter: den Verzicht auf den Einsatz von Atomwaffen aufgrund bloßer Berichte über einen feindlichen Atomangriff auf die USA; die Überprüfung der einseitigen Befugnis des Präsidenten zum Einsatz von Atomwaffen; die strikte Begrenzung des Einsatzes künstlicher Intelligenz bei nuklearen Startvorgängen; und die Verbesserung der Kommunikation mit Russland und China, damit ungenaue Informationen (misinformation) oder Falschinformationen die Welt nicht in den Abgrund einer apokalyptischen Krise stürzen“, so der Boston Globe. All das verdient ihrer Meinung nach eine „aktive Diskussion“, aber mit dem Verständnis, dass „das erst der Anfang ist“.

Der Boston Globe fügt auch die Empfehlung von Hans Christensen hinzu, der das Nuclear Information Project bei der Federation of American Scientists in Washington leitet: „Macht keine Dummheiten“. „Zu den schlechten Ideen, von denen einige jetzt informell im Kongress diskutiert werden, gehören der Bau von mehr und stärkeren Waffen und die Verpflichtung, die Waffen näher an unseren Gegnern zu stationieren“, heißt es in der Zeitung.

„Weder das eine noch das andere, so [Christensen], wird unsere Gegner davon abhalten, neue Waffen zu bauen, weshalb sowohl Biden als auch Donald Trump im Wahlkampf besser auf eine harsche Nuklearrhetorik verzichten sollten“.

Es ist erwähnenswert, dass laut Hennigan „die USA sich jetzt darauf vorbereiten, zum ersten Mal seit 1991 neue Atomsprengköpfe zu bauen, als Teil eines jahrzehntelangen Programms zur Modernisierung (overhaul) ihrer Atomstreitkräfte mit geschätzten Kosten von bis zu zwei Billionen Dollar“. „Die Grundzüge des Plans wurden 2010 entworfen, in einem ganz anderen Sicherheitsumfeld als dem jetzigen“, so der New York Times-Autor weiter. „Eine derzeitige oder künftige Regierung kann den Bau von noch mehr Waffen als Reaktion auf die Erweiterung und Modernisierung der Arsenale anderer Länder, insbesondere Russlands und Chinas, begründen“. Der Autor musste es, wie man so sagt,direkt gerochen haben: Am 9. April erklärten der US-Verteidigungsminister Lloyd Austin und der Vorsitzende der Stabschefs Charles Brown bei einer Anhörung im Senat, das derzeitige US-Programm sei „notwendig, aber nicht ausreichend“.

Vor diesem Hintergrund fordert der Boston Globe die amerikanische Öffentlichkeit auf, „die Aufmerksamkeit auf die Gefahr eines Atomkriegs zu lenken“. „Vor vier Jahrzehnten hat eine solche Massenbewegung offenbar dazu beigetragen, den überzeugten Verfechter des Kalten Krieges, Ronald Reagan, dazu zu bewegen, ein umfassendes Rüstungskontrollabkommen mit der Sowjetunion auszuhandeln. Der Gedanke, dass sich das Gleiche mit Präsident Biden – oder sogar Trump – wiederholen könnte, ist nicht abwegig“, schreibt der Boston Globe.

„Düstere Aussichten“

Die Skepsis der liberalen Zeitung gegenüber dem Republikanerführer ist verständlich. Aber ich erinnere mich, dass Trump der Idee der nuklearen Sicherheit schon lange nahe steht. In seinen jüngeren Jahren diskutierte er sogar mit Bernard Lown, dem berühmten Herzchirurgen, der die US-Bewegung „Doctors of the World for the Prevention of Nuclear War“ anführte und der zusammen mit seinem sowjetischen Kollegen Jewgenij Tschasow für seine Arbeit mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde.

Der stellvertretende russische Außenminister Sergej Rjabkow, den ich zu den Versuchen der US-Zeitungen, die nuklearen Alarmglocken zu läuten, befragt habe, sieht in deren Aufrufen im Grunde nichts Neues. „Es ist gut, dass die politisch gestaltenden Kreise und die führenden Medien über die Folgen des schlimmst möglichen Szenarios nachdenken“, sagte der Diplomat. „Aber die Urheberschaft liegt nicht bei diesen Zeitungen. All das wurde bereits in der Ära des Kalten Krieges zwischen Moskau und Washington beschrieben, und es waren die schrecklichen Folgen, die von vielen führenden Wissenschaftlern auf beiden Seiten des Atlantiks beschrieben wurden, die zu der berühmten Formel führten, dass es in einem Atomkrieg keine Sieger geben kann und er nicht entfesselt werden sollte.“

In Russland sei diese Formel immer wieder auf höchster Ebene bekräftigt worden, auch in den letzten Jahren, so Rjabkow weiter. Im Westen hingegen würden „elementare und im Großen und Ganzen absolut selbstverständliche, axiomatische Dinge über Bord geworfen“, darunter „die Vorstellung, dass es per definitionem unmöglich ist, eine Atommacht zu besiegen“, und es würden „superaggressive und geradezu unverantwortliche Äußerungen“ gemacht, die auf „die völlige Degradierung der politischen Eliten“ hinwiesen. „Man hat den Eindruck, dass diese Leute verrückt geworden sind, und ihre Bremsen völlig versagen“, sagte er. „Aber diejenigen, die versuchen, uns auf diese Weise auf die Probe zu stellen, sollten morgens mit dem Verständnis aufstehen, dass sie es mit einer Atommacht zu tun habe, und sich abends damit hinlegen.“

Auf die Frage, ob es seiner Meinung nach möglich sei, mit einer künftigen neuen US-Regierung über eine Entspannung zu verhandeln, sagte Rjabkow: „Um zu einem Verhandlungsformat für die Besprechung der strategischen Stabilität zurückzukehren, müssen wir, die Russische Föderation, einen grundlegenden Wandel in der amerikanischen Politik feststellen. Bislang gibt es keine Anzeichen dafür, dass diese enorme destruktive anti-russische Sprengladung zumindest minimal korrigiert wird. Daher gibt es keinen Grund, über die Wiederaufnahme von Verhandlungen zu sprechen. Und neue Vereinbarungen werden sich nicht von selbst ergeben. Daher sind die Aussichten für die Rüstungskontrolle als Konzept heute sehr düster.“ Wladimir Jermakow, Leiter der Fachabteilung des Außenministeriums, äußerte sich neulich in einem Interview mit dervTASS in die gleiche Richtung.

„Bewahren, nicht zerstören“

Ich möchte daran erinnern, dass die Diskussion über die Grenzen des Zulässigen im nuklearen militärischen Bereich in Russland öffentlich wurde, nachdem Sergej Karaganow, der Ehrenvorsitzende des Präsidiums des Rates für Außen- und Verteidigungspolitik der Russischen Föderation, im letzten Sommer einen Artikel mit dem Titel „Eine harte, aber notwendige Entscheidung“ veröffentlicht hatte. Darin ging es darum, dass „der Einsatz von Atomwaffen die Menschheit vor einer globalen Katastrophe retten könnte“. Später sagte Präsident Putin dem Autor auf der Valdai-Tagung in Sotschi, dass er seine Position kenne und seine Gefühle verstehe, dass er aber keine Notwendigkeit sehe, die russische Nukleardoktrin zu ändern, weil unser Vergeltungsschlag keinem Aggressor „eine Überlebenschance“ ließe.

Edward Luttwak, ein prominenter amerikanischer Politikwissenschaftler und Experte des Valdai-Clubs, äußerte neulich im Online-Newsletter UnHerd, dass Atomwaffen im Grunde nicht einsetzbar seien, auch nicht in der Ukraine, und dass es daher „Zeit für die NATO sei, ihre Soldaten dorthin zu schicken“. Timofej Bordatschow, ein jüngerer, aber bereits renommierter russischer Experte, witzelte daraufhin in seinem Telegram-Kanal, der „talentierte alte Mann“ Luttwak sei „eifersüchtig auf Karaganows Ruhm“ – allerdings vergeblich, denn dieser sei „nicht zu übertreffen“.

Die Diskussion geht also weiter. Viele ihrer Teilnehmer wiesen zunächst darauf hin, dass sie an sich nützlich ist, um Standpunkte zu klären und zu verstehen, worum es eigentlich geht. Die New York Times stimmt dem zu: In seiner Einleitung zu seinem Haupttext betont Hennigan, dass „der Atomkrieg oft als unvorstellbar beschrieben wird“, aber in Wirklichkeit „wird er sich nicht so oft vorgestellt, wie es sein sollte“.

Ja, es ist in der Tat ein zeitloses Thema, wenn auch in einem erschreckend modernen Gewand. Wie man im alten Rom zu sagen pflegte, „memento mori“.

Und um das Gespräch nicht mit einer düsteren Note zu beenden, möchte ich hinzufügen, dass wir am Freitag, dem 12. April, den Tag der Kosmonautik gefeiert haben. Und einmal mehr haben wir uns an die Worte von Juri Gagarin erinnert: „Als ich in dem Satellitenschiff um die Erde flog, sah ich, wie schön unser Planet ist. Menschen, lasst uns diese Schönheit bewahren und vermehren, nicht zerstören!”

Ende der Übersetzung

https://www.anti-spiegel.ru/2024/dringen-putins-warnungen-vor-einem-atomkrieg-zu-den-amerikanern-durch/

Donnerstag, 25. April 2024

EU - reaktionär, imperialistisch, militaristisch, aggressiv - Freidenker

 Entnommen: https://www.freidenker.org/?p=18862

Europäische Union – reaktionär, imperialistisch, militaristisch, aggressiv

25. April 2024
Webredaktion
,
Wirtschaft
von Prof. Dr. Anton Latzo


Am Anfang stand das Versprechen, ja die Verheißung, die Europäische Union (EU) werde den Kontinent vereinen und Frieden und sozialen Fortschritt bringen. Es wurde die Illusion verbreitet, Europa könne unter kapitalistischen Bedingungen zu Einheit, Frieden und Wohlstand gelangen. Und was ist daraus geworden?

Vorläufer
Die Vorgänger der EU waren die Montanunion (1951) und die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (1957). Schon an deren Entstehung waren sowohl die europäischen als auch die Monopole der USA interessiert. Dafür waren sowohl ökonomische als auch politische Interessen und Ziele maßgebend.

Eine wichtige Triebkraft war der Antikommunismus. In den revolutionären Umgestaltungen in den Staaten Osteuropas, in der verbreiteten revolutionären Stimmungen in den kapitalistischen Staaten Westeuropas und vor allem in der Existenz und dem zunehmenden Einfluss der Sowjetunion sahen sie eine Bedrohung für ihre imperialistische Politik.

Die Vertreter des deutschen Monopolkapitals, die mit Hilfe vor allem der USA und Englands den zweiten Weltkrieg überlebten, ordneten sich aktiv in diese Front ein. Dazu gehörten auch solche, die schon während der Zeit des Faschismus einflussreiche und Regierungsfunktionen innehatten. Sie machten den amerikanischen und englischen Konzernherren und Regierungen konkrete Vorschläge, sowohl zu „wirtschaftlich-technischen Aspekten“ als auch die „politische Ebene“ betreffend. Arnold Rechberg, führender Mann des      Kalitrusts stellte schon im Oktober 1945 der amerikanischen Militärregierung eine Denkschrift zur Verfügung. Er wurde deutscher Ratgeber dieser Regierung! Und es waren viele mehr!

Verweisen muss man auf die Rolle, die der Finanz- und Wirtschaftsfachmann und Minister der Hitlerregierung, Hjalmar Schacht, im Zusammenspiel zwischen den deutschen und internationalen Monopolen gespielt hat. Im Nürnberger Prozess wurde Schacht am 1. Oktober 1946 mit drei Stimmen des Westens gegen die des sowjetischen Vertreters freigesprochen. Am 13. Mai 1947 verurteilte ihn ein deutsches Gericht zwar zu acht Jahren Gefängnis, aber schon am nächsten Tag ließen die amerikanischen Behörden in Deutschland ihn ins Krankenhaus bringen. Einen Monat später ließen sie verlauten, dass der ehemalige Reichsbankpräsident  „einstweilen“ auf freien Fuß gesetzt wurde.

Obwohl er den Status eines Angeklagten hatte, der für die Verbrechen des Nazi-Regimes Mitverantwortung trug, hatte Schacht immer die Möglichkeit, seine Vorstellungen über die Zukunft des deutschen Kapitalismus und über das Zusammenwirken mit den Westmächten zu äußern – und gehört zu werden. Er sah die Zukunft des deutschen Kapitalismus als ein Glied in der Front gegen Sozialismus. Antikommunismus und Gewerkschaftsfeindlichkeit gehörten zu seinen Lebensmaximen.  Sein Buch „Abrechnung mit Hitler“ (1948) schließt er mit der Forderung, Deutschland als gleichberechtigten Partner in die „atlantische Völkergemeinschaft“ aufzunehmen.

„Deshalb dürfen wir der festen Meinung sein, dass auch die neuesten Opfer, die Deutschland auferlegt worden sind, einen Sinn haben… Vor dem Krieg hatte die Welt Deutschlands Zwangslage und sein Suchen nach einem friedlichen Weg zu seiner Selbsterhaltung nicht verstanden. Nach dem Kriege erkennt die Welt, was sie durch eine Vernichtung Deutschlands verlieren würde.“ Seine Pläne für die Wirtschaft waren noch konkreter. Sie knüpften an seinen Verhandlungen an, die er schon 1943/44 mit Allen Dulles und den anderen USA-Vertretern geführt hatte. Sie boten eine „friedliche“ Neuaufteilung entsprechend der Macht in der Welt des Kapitals an. Schacht wollte nicht nur ein „vereinigtes Europa“, sondern legte – in Kenntnis der amerikanischen Ziele – die Idee „einer einzigen Welt“ vor. In der Zeitung „Die Weltwoche“ (Schweiz) schrieb er 1948:

„Ein führender amerikanischer Einfluss bei entsprechender Kapitalinvestierung in die europäische Industrie würde einen wesentlichen Schritt auf eine einheitliche Weltwirtschaft unter einheitlicher Führung bedeuten“.

Und Schacht war nur ein,  wenn auch sehr wichtiger, Sprecher des deutschen Kapitals. Gefährten auf dem Weg der Spaltung Deutschlands und seiner Integration in die Bündnisse des internationalen Kapitals, waren  Hermann Abs, Robert Pferdmenges, der ehemalige  Reichskanzler Brüning und nicht zuletzt Konrad Adenauer und Ludwig Erhard. Ihr gemeinsames Anliegen war die Rettung der Macht des Kapitals und seiner internationalen Expansion auf der Grundlage des Antisowjetismus und Antikommunismus sowie der Neokolonialismus.

Deutsches Konzept heute
Die politische Union war und ist ein konstantes Ziel in der Europa-Politik aller bisherigen Regierungen der BRD. Dieses Ziel wurde in einzelnen Perioden mit unterschiedlicher Intensität verfolgt, aber nie aufgegeben. In den letzten Jahren wurde jedoch eine neue Akzentuierung eingeführt. Man ist bestrebt, den deutschen Anspruch zu fundieren, wonach die „bisherige europäische Ordnungsmacht Amerika“ zu ersetzen sei. Es wurde das „deutsche Interesse“ an einem „wirtschaftlich und politisch leistungsfähigen Großraum“ mit einem Hinterhof, der bis nach Zentralasien und in den Nahen Osten reicht, verkündet.

Deutschland habe ein „legitimes Interesse an seiner dauerhaften und festen Einbindung in einen wirtschaftlich und politisch leistungsfähigen Großraum, der anderen Weltregionen vergleichbar ist“.

Deutschland müsse als größter und wirtschaftlich stärkster Staat in Europa „in vorderster Linie“ für ein Europa eintreten, das in der Lage sei, sich „gegen äußere  wirtschaftliche, politische und gegebenenfalls auch militärische Pressionen zu wehren“.

In einer SPD-Denkschrift über „Grundwerte für eine gerechte Weltordnung“ wird  der angestrebte „Großraum“ wie folgt umrissen: „Um West- und Mitteleuropa , das sich als integrierte Weltregion etabliert, liegen in einem Halbkreis von Ost nach Süd Russland, die früher mit der Sowjetunion verbundenen Republiken Weißrussland, Ukraine und Moldawien, sowie Transkaukasien und Zentralasien, die Türkei und die Länder des Nahen Ostens  und des Mittelmeeres“:

Die Rolle der EU wird dabei wie folgt gesehen: „Deutschland muss dafür eintreten, dass Europa (also nicht nur EU!) zu seinen Nachbarn eine besonders intensive, konstruktive und dauerhafte Partnerschaft aufbaut, welche die Lösung der sicherheitspolitischen, wirtschaftlichen und politischen Probleme der europäischen Nachbarschaft nicht – wie bisher – vorwiegend den Vereinigten Staaten überlässt“.

Aus der Sicht Deutschlands (gemeint ist Deutschland der Monopole) gehe es heute um die Grundentscheidung, ob die „großen westlichen Nationen“ sich weiterhin der Führung der Vereinigten Staaten unterwürfen, was eine „instabile“ und nicht annehmbare Ordnung bedeute, oder durch die Weiterentwicklung eigener Machtmittel eine nach den eigenen Interessen definierte  „globale politische Ordnung“ durchsetzen.

Der „europäische Raum“ müsse vor allem durch präventive Maßnahmen geschützt werden, und das schließe „rechtzeitige präventive Intervention“  weltweit ein.

Die Geschichte und Politik der EU demonstrieren, dass durch diese multilaterale kapitalistische Staatenorganisation weder die Widersprüche innerhalb der kapitalistischen Staaten noch die zwischen ihnen gelöst bzw. beseitigt werden können. Die Gründung und Entwicklung der EU selbst wurden zur Quelle von Widersprüchen!

Prof. Dr. Anton Latzo ist Historiker und Mitglied des Beirats des Deutschen Freidenker-Verbandes


Mittwoch, 24. April 2024

Russland warnt vor direktem Zusammenstoß mit dem Westen... LZ

 Entnommen: https://linkezeitung.de/2024/04/24/russland-warnt-vor-direktem-zusammenstoss-mit-dem-westen-wegen-militaerischer-unterstuetzung-der-ukraine/

Russland warnt vor direktem Zusammenstoß mit dem Westen wegen militärischer Unterstützung der Ukraine

VERÖFFENTLICHT VON LZ ⋅ 24. APRIL 2024 ⋅ HINTERLASSE EINEN KOMMENTAR


Von Al Mayadeen – https://informationclearinghouse.blog

Übersetzung LZ

Der russische Außenminister hat sich besorgt über die Unterstützung der Ukraine durch den Westen, insbesondere durch die Vereinigten Staaten, Großbritannien und Frankreich, geäußert.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow äußerte in seiner Videoansprache an die Teilnehmer der Moskauer Konferenz zur Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen am Montag die Sorge, dass die Unterstützung der Ukraine durch die Vereinigten Staaten, Großbritannien und Frankreich zu erheblichen strategischen Risiken führe.

Lawrow warnte, dass diese Situation die Möglichkeit einer direkten Konfrontation zwischen den größten Atommächten der Welt eskalieren lasse.

Der russische Außenminister erklärte, dass die Vereinigten Staaten und die NATO darauf fixiert seien, eine “strategische Niederlage” gegen Russland zu erreichen, und betonte die Gefahren eines solchen Konfrontationskurses, der das Risiko einer nuklearen Eskalation erhöhen könnte.

“Die Westmächte bewegen sich auf gefährliche Weise am Rande eines direkten militärischen Zusammenstoßes zwischen Atommächten, der katastrophale Folgen haben könnte”, sagte Lawrow.

Tiefer eintauchen

Die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten behaupten, dass ihre Hilfe für die Ukraine darauf abzielt, die Verteidigung des Landes im laufenden Krieg zu stärken. Sie behaupten, dass es Russlands Aktionen sind, die die Spannungen zwischen Ost und West verschärfen, was durch ihre wiederholten Warnungen vor einem drohenden Atomkonflikt unterstrichen wird.

Lawrow sagte: “Besonders besorgniserregend ist die Tatsache, dass die ‘Troika’ der westlichen Nuklearstaaten zu den Hauptsponsoren des kriminellen Kiewer Regimes und den Hauptinitiatoren verschiedener provokativer Schritte gehört. Wir sehen darin ernsthafte strategische Risiken, die zu einem Anstieg der nuklearen Gefahr führen.”

Es ist erwähnenswert, dass das Trio der westlichen Nationen, die über nukleare Fähigkeiten verfügen, aus den Vereinigten Staaten, Großbritannien und Frankreich besteht.

Er bekräftigte ferner, dass Russland bereit sei, die Diskussionen über die Ratifizierung des Vertrags über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen (CTBT) wieder aufzunehmen, sobald die Vereinigten Staaten diesem Beispiel folgen.

“Die Rücknahme der Ratifizierung des Vertrags durch Russland war eine logische Reaktion auf die … zerstörerischen Aktionen der Vereinigten Staaten und anderer westlicher Länder. Gleichzeitig bleiben wir ein vollwertiger Teilnehmer am Vertrag über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen. Vor nicht allzu langer Zeit haben wir die Einrichtung unseres Segments des Internationalen Überwachungssystems abgeschlossen. Wir sind bereit, auf die Frage der Ratifizierung des Vertrags zurückzukommen, sobald die Vereinigten Staaten dies tun”, betonte er.

Inmitten einer umfassenden Kampagne der hybriden Kriegsführung gegen Russland erklärte Lawrow, dass es derzeit keine Grundlage für Gespräche mit den Vereinigten Staaten über Rüstungskontrolle und strategische Stabilität im Allgemeinen gebe.

Lawrow warf den westlichen Mächten vor, sie versuchten, die Atomwaffenarsenale Russlands und Chinas zu beschränken und gleichzeitig nichtnukleare Fähigkeiten auszubauen, um eine einseitige militärische Dominanz zu erreichen.

Kampagne des Westens zur Untergrabung des russischen Rufs

In einer vernichtenden Kritik behauptete Lawrow, der Westen baue aktiv ein globales Raketenabwehrsystem auf, das darauf abziele, Gegner zu neutralisieren. Außerdem beschuldigte er die westlichen Staaten, Atomwaffen in Europa zu stationieren, Mittel- und Kurzstreckenraketen in verschiedenen Regionen der Welt zu stationieren und die Stationierung von Waffen im Weltraum zu planen.

Der russische Spitzenbeamte erklärte auch, dass der Westen eine Propagandakampagne führe, um Russlands Ruf zu untergraben. Ziel dieser Kampagne sei es, den Fokus der internationalen Gemeinschaft von den tatsächlichen Bedrohungen im Weltraum abzulenken und stattdessen zusätzliche finanzielle Mittel für den Ausbau der eigenen militärischen Weltraumfähigkeiten zu sichern.

“Unsere Priorität bleibt die Entwicklung eines internationalen rechtsverbindlichen Instruments, das zuverlässige Garantien zur Verhinderung der Stationierung von Waffen im Weltraum bietet”, betonte er.

https://informationclearinghouse.blog/2024/04/22/russia-warns-of-direct-clash-with-west-over-ukraine-military-support/14/


Dienstag, 23. April 2024

Westliche Szenarien zur Zukunft Russlands - LZ

 Entnommen: https://linkezeitung.de/2024/04/23/wie-der-westen-das-fell-des-russischen-baeren-teilen-will-5-szenarien-der-zukunft-russlands/

Wie der Westen das Fell des russischen Bären teilen will – 5 Szenarien der Zukunft Russlands

VERÖFFENTLICHT VON LZ ⋅ 23. APRIL 2024 ⋅ HINTERLASSE EINEN KOMMENTAR


Von Wiktorija Nikiforowa – https://rtnewsde.com

Der US-amerikanische “Russland-Experte” Stephen Kotkin hat in einem Artikel fünf Szenarien der Zukunft Russlands vorgestellt. Sie schwanken von feuchten Träumen der US-Eliten bis hin zu deren Alpträumen, sagen aber letztlich mehr über den Zustand der USA selbst als über denjenigen Russlands aus.

Nicht weniger als fünf Szenarien für unsere Zukunft hat der bekannte amerikanische Russland-Experte Stephen Kotkin der Öffentlichkeit vorgestellt. Sein dreibändiges Buch über Stalin, das übrigens voll von wütendem Hass auf die UdSSR ist, wurde bereits originalgetreu ins Russische übersetzt und vom Verlag des Gaidar-Instituts veröffentlicht. Damit wir nicht vergessen, wie wir über unsere Geschichte zu denken haben. Ohne Kotkin sind wir ja aufgeschmissen.

Der Experte geht seit fast einem Jahr mit seinen fünf Szenarien für Russland hausieren, aber in seiner jüngsten Veröffentlichung in der Zeitschrift Foreign Affairs entwickelt er sein Konzept weiter und gibt der amerikanischen Führung Ratschläge, was mit Russland zu tun ist und wie man es auf den von den Amerikanern gewünschten Entwicklungspfad bringen kann. Die Veröffentlichung ist auch für uns interessant, gibt sie doch Einblick sowohl in die Schwächen der Amerikaner als auch in ihre strategischen Ansätze unserem Land gegenüber.

Die Welt kann warten: Russland wird sich mit seiner Entwicklung befassen

Kotkin wendet sich auch an die prowestlichen Russen, an “die Guten” unter uns. Deshalb zeichnet er das erste Szenario für die Zukunft unseres Landes nach dem Ende Putins als das “russische Frankreich”.

Die These vom “zweiten Frankreich” haben wir schon einmal irgendwo gehört. Soweit ich mich erinnere, wurde vor vielen Jahren der Ukraine versprochen, aus ihr ein Frankreich zu machen. Irgendetwas ging dabei offenbar schief. Noch früher sollten Georgien (Tiflis ‒ das georgische Paris) und Armenien (Eriwan ‒ das armenische Paris) zu Frankreich werden. Wie steht es aktuell darum?

Das “russische Frankreich” soll ein militärisch starkes Land sein, das Washington nicht um Geld bittet und trotzdem alle Befehle von jenseits des Ozeans treu ausführt. Klar, dass dies der feuchte Traum Washingtons ist. Wie wir aber an den oben genannten Beispielen der ukrainischen, georgischen und armenischen “Frankreiche” sehen können, endet dies für die betroffenen Länder in hoffnungsloser Armut sowie verlorenen Kriegen, Territorien und Einwohnern. Also nein, auf diese Verlockung fallen wir nicht mehr herein.

Solche Versuchungen konnten in den 1990er Jahren funktionieren, als die ehemalige UdSSR in Trümmern lag und Frankreich vor diesem Hintergrund ein reiches Land zu sein schien. Aber heute liegt die russische Wirtschaft an fünfter Stelle in der Welt, während die französische auf den neunten Platz abgerutscht ist, der Abstand zu unseren Gunsten wird immer größer. Und das kann jeder sehen, auch die prowestlichen Russen. Wenn die sowjetische Mittelschicht den Traum von Europa massiv unterstützte, so hat sie heute die Welt bereist und alles gesehen ‒ sie lässt sich nicht mehr täuschen.

Das zweite Szenario heißt bei Kotkin “Russland in den Schützengräben” (“Russia retrenched”). Es sieht wie ein reines Oxymoron aus. Russland bleibt stark und “autoritär”, wird aber von einem wundersamen Herrscher angeführt, der sich selbst zwar als “russischen Nationalisten” bezeichnet, aber aus unerklärlichen Gründen beschlossen hat, sich aus der Ukraine zurückzuziehen und ihr den Beitritt zur NATO zu ermöglichen. Einen, der das Land isoliert hat und es im gesamten postsowjetischen Raum von amerikanischen Militärstützpunkten umzingeln ließ.

Ein Rōnin, wer den Atomkrieg fürchtet: Japans Abgeordnete spielen bei russophobem Psychozirkus mit

Das hört sich wenig logisch an, zeigt aber in Wirklichkeit, welche Art von Marionette die Amerikaner uns gern unterjubeln würden. Es sollte ein Mann sein, der alle Interessen unseres Landes aufgeben würde, der sich selbst aus dem Kampf um die Kontrolle im postsowjetischen Raum ausschalten würde, aber das alles mit patriotischen Phrasen tun würde. Was im Prinzip weder überraschend noch neu ist. Auch der Blogger Nawalny spielte viele Jahre einen russischen Nationalisten.

Das dritte Szenario ist müde Panikmache, dass Russland “Chinas Vasall” wird. Auch dies ist eine lächerliche Utopie. Bisher erlauben es weder die Stärke unserer Wirtschaft, noch der Reichtum unserer Rohstoffbasis, noch die Kampffähigkeiten unserer Armee, noch unsere Atomwaffen irgendjemandem in der Welt ‒ nicht einmal den Vereinigten Staaten selbst ‒ unser Land zu ihrem Vasallen zu degradieren. Warum sollte es China gelingen ‒ bei allem Respekt vor dem Reich der Mitte, natürlich?

Das vierte Szenario ist eine Abwandlung desselben Themas, wonach Russland sich in ein zweites Nordkorea verwandeln wird.

Schließlich das fünfte Szenario, und das ist der feuchteste Traum der Amerikaner – ein totales Armageddon in unserem Land, Chaos, Rebellion, Zerfall und Krieg aller gegen alle.

Was haben diese fantastischen Szenarien gemeinsam? Die Tatsache, dass jedes von ihnen nur nach unserer Niederlage, und zwar einer totalen Niederlage, auch nur die geringste Chance auf Verwirklichung hat. Und zwar nicht nach einem situationsbedingten Rückzug in der Ukraine, sondern nach einer Niederlage in einem echten Weltkrieg, mit allem, was dazugehört, einschließlich des Austauschs von Atomschlägen.

Ohne eine solche Niederlage taugt Kotkins Argumentation nur als Bewerbung für einen Science-Fiction-Actionfilm über Mütterchen Russland, in dem immer alles brennt, explodiert und schießt, und dann kommt ein blonder russischer Nationalist unter Glockengeläut an die Macht und küsst den amerikanischen Präsidenten (mit Will Smith in der Rolle des amerikanischen Präsidenten).

Interessant ist jedoch, zu welchen Schachzügen Kotkin seinen Gastgebern in der aktuellen Runde des Großen Spiels rät.

Erstens müsse man den richtigen “Nationalisten” in Russland finden, der den Amerikanern alles zu überlassen bereit ist:

“Washington muss auf einen nationalistischen Reset in Russland vorbereitet sein und ihn fleißig fördern.”

Zweitens soll versucht werden, Russland von China zu trennen, denn deren Bündnis ist, wie die letzten Jahre gezeigt haben, absolut unschlagbar. Um dies zu erreichen, wird Washington aufgefordert, Peking einzudämmen, ohne auf militärische Maßnahmen zurückzugreifen. Danach solle “das Nixon-Kissinger-Manöver” wiederholt werden. China soll bei der Eindämmung Russlands helfen.

Die USA schleichen sich langsam aus dem Ukraine-Konflikt raus

Der wichtigste Ratschlag besteht jedoch darin, endlich die eigenen Probleme Amerikas zu lösen. Billige Hypotheken wie in Russland müssen her, Häuser zu vernünftigen Preisen müssen gebaut werden, denn die schrecklichste Bruchbude kostet aktuell bereits Hunderttausende von Dollar. Nicht weniger als eine Million Mathematiklehrer müssen in zehn Jahren ausgebildet werden, denn die amerikanischen Schüler haben das Rechnen verlernt, während die russischen Schüler inzwischen die Weltolympiaden wie Peanuts knacken. Auch neue Rüstungsgüter sollten hergestellt werden ‒ wiederum, um aufzuholen und Russland zu überholen.

An dem letztgenannten Ratschlag – die aufgestauten internen Probleme zu lösen – können Sie sehen, wie weit die Krise in den USA fortgeschritten ist. BIP-Zahlen können gezeichnet werden, wie man lustig ist, sie täuschen jedoch nicht darüber hinweg, dass in vielen Positionen heute die USA Russland hinterherhinken, nicht umgekehrt. Die ganze Welt kann das sehen. Das Einzige, was diesem dekadenten Staat bleibt, sind die besagten feuchten Träume vom Zusammenbruch und Zerfall Russlands und der Teilung des Fells des nicht erlegten russischen Bären.

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 22. April 2024 auf ria.ru erschienen.

https://rtnewsde.com/meinung/203511-wie-westen-fell-russischen-baeren-teilen-will/


Sonntag, 21. April 2024

"DIE AUGEN VON ANNA" - Buchtipp

 Autor/Herausgeber: Uwe Durak, Wladimir Fadejew, Wilfried Handwerk:


„Die Augen von Anna“, 2024, Moskau, 240 Seiten


HERZEN
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GLEICHKLANG

Buchtipp von Harry Popow


"Beurteile die Menschen eher nach ihren Fragen als nach ihren Antworten" - Voltaire, französischer Philosoph


Wilfried Handwerk, ein guter Freund, sandte uns kürzlich ein Buch zu mit dem wunderschönen Titel „Die Augen von Anna“. Der Untertitel: Deutsche Poeten über den Frieden. Diese publizistische Lektüre wurde 2024 in Moskau veröffentlicht und zählt 240 Seiten, ISBN: 978-5-00170-967-1. Besonderheit: Linksseitig befinden sich die deutschen Texte, rechtsseitig die gleichen Texte in russisch. Die Auswahl der Zitate traf Uwe Durak und die Gestaltung des Buches traf Vladimir Fadejew in Abstimmung mit dem Russischen Schriftstellerverein, (siehe Klappentext).

   Ohne Wenn und Aber: Diese Lektüre wirkt wie ein erneut aufblitzendes Morgenrot am sehr blass gewordenen und von Kriegsgeschrei erfüllten Himmel. Nach dem ersten Überfliegen der Seiten schlagen empfängliche Herzen gleich schneller: Da erinnern politisch hellwache Geister aus Vergangenheit und Gegenwart zum Entsetzen politischer Dummköpfe und Kriegshetzer an jene Zeiten, da die enge Freundschaft zwischen der DDR und der Sowjetunion Kraft gab für den Kampf um den Frieden.

   Was auf den aufmerksamen Leser zukommt, sind sage und schreibe 41 Autoren, u.a. Wortmeldungen von PUHDY und KARAT sowie ein Appell der „Internationalen Allianz“. Der Autor des Gedichtes „Die Augen von Anna“, Wilfried Handwerk, geb. 1945 in Kössern, Ökonom, schrieb es anlässlich der Geburt seiner Tochter im Jahr 2020. Man findet den Text auf Seite 26, hier zunächst nur die ersten zwei Strophen:

So klar, so strahlend voller Lust,

fast gierig, die Welt zu erschließen.

Sie treiben mir Tränen ins Gesicht,

ich habe Angst, ich fürchte mich.

Es ist so schwer,

die Welt zu verstehen.

Leise singt Anna ein schönes Lied,

den Text, den, kennt nur Sie.

   Wer mit Fragen auf die Welt schaut wie große Dichter und Denker in der Vergangenheit sowie in der heutigen Welt des Jahres 2024, dem dürfte klar sein, dass sie wieder einmal – gefährlicher als alles bisher Dagewesenes - aus den Fugen geraten ist. Was lehrt die Geschichte? Wer steckt hinter dem Kriegsgeschrei? Dieses Buch mag dazu beitragen, tiefer zu blicken, Mut aufzubringen, dem Menschsein eine Gasse für eine friedvolle Zukunft zu schlagen.

   Gleich zu Anfang richtet der Verdiente Kulturschaffende und Kritiker der Russischen Föderation Iwan Golubnitschij die Aufmerksamkeit der Leser auf die historisch gewachsenen geistigen Bande zwischen Russland und Deutschland. besonders auf die „schweren Herausforderungen des XX. Jahrhunderts, als deutsche antifaschistische Schriftsteller“ gemeinsam mit den besten Vertretern des Volkes die nationale Würde des deutschen Volkes „gegen die Nazi-Verbrecher“ verteidigten. Aus der heutigen veränderten politischen Realität ergebe sich die Notwendigkeit „die russischen Leser mit der Literatur Deutschlands bekanntzumachen:“ „Die Augen von Anna“ sei „ein deutlicher und überzeugender Schritt in diese Richtung. Die Übersetzungen deutscher Poesie ins Russische von Wladimir Fadejew „eröffnen dem russischen Leser ein neues überdenken des Erbes der deutschen Klassiker“ und „zeitgenössischer Poeten Deutschlands.“

   Auf Seite 16 findet man vom deutschen Autor Tino Eisbrenner eine sehr schöne Ergänzung zu diesem Thema: „Wo die Politik zögert, muss die Kunst die Völker verbinden! Und dieser Idee folgt auch jenes Buch hier.“ Wie einst zu Puschkins oder Goethes Zeiten sei auch heute die Kunst Spiegel unserer Gesellschaft.

   Schlimmer noch, die Politik zögert nicht nur. So verweist der deutsche Schriftsteller Wolfgang Bittner unter dem Titel „Bomben-Stimmung“ u.a. knallhart auf folgende Zustände:


„Menschlichkeit, ein schöner Traum,

ein Vorwand,

„humanitäre Einsätze“, heißt das

oder „Demokratisierung.“

In Wahrheit: Profit, Rendite,

Strategie und Größenwahn.


Zurück bleiben ein Schlachtfeld,

die Weinenden, Leidenden,

die Entrechteten und Bedürftigen,

die tickenden Zeitbomben -

und das Staatstheater

Terrorismushysterie" (S.218/220)


Auf Seite 222 bekennt er:

Die Russen, auch sie wollen keinen Krieg,

auch sie wollen friedlich leben,

sie brauchen weder Streit noch Sieg,

unsern Vätern haben sie vergeben.

Die Jungen, auch sie wollen keinen Krieg,

sie wollen keine Heuchelei,

keine Hetze, kein Hurrageschrei,

kein Morden, keine Metzelei,

keinen Krieg, sie wollen Frieden!

Und auch die Russen wollen Frieden.

   Da fallen auf Seite 38 Zeilen ins Auge, als wären sie nicht von Gottfried August Bürger im 18. Jahrhundert geschrieben, sondern heute im Jahre 2024 der bundesdeutschen Wirklichkeit:

Sie nennen`s Streit für`s Vaterland,

In welchen sie dich treiben.

O Volk, wie lange wirst du blind

Beim Spiel der Gaukler bleiben?

Sie selbst sind das Vaterland,

Und wollen gern bekleiben.

   Bertolt Brecht hält den Lesern sein Gedicht „Und was bekam des Soldatenweib“ unter die Nase: „Aus Russland bekam sie den Witwenschleier.“

   Mut zum Widerstand rief einst Johannes R. Becher mit seinem Gedicht „Die Friedenstaube“ die Leser auf: „Den Frieden zu erringen, Dazu habt ihr die Macht!“ (S.100)

   Kurt Tucholsky ruft den Heutigen zu: Merkt ihr nischt? „Von der Welt könnt ihr nichts wissen. Ach, wie seid ihr angelogen! (S. 82) Es sei nicht die Zeit für Traumseligkeit, ermahnt Helga Lange aus Greifswald auf Seite 160 die Leser. Konkret benennt der Musiker und Lyriker Jens Fischer Rodrian die Staatenlenker, die am Hetzen sind und dem Ruf des Geldes blind folgen. (S. 214) Sein Appell:


Widerstand ist Pflicht.

Wir fürchten Euch nicht.

Kein Schatten ohne Licht.

Es naht das Ende Eurer Schicht. (S.216)


Fazit

   Der Rezensent, der bereits zahlreiche Buchtipps für kritische Autoren, so u.a. für Wolfgang Bittner, geschrieben und veröffentlicht hat, legt tief berührt das Buch aus der Hand. Welch ein Glücksfall diese Lektüre darstellt! In einer Zeit, in der zahlreiche Bürger Deutschlands und des Westens generell in die geistige Verbannung gedrängt werden, nicht dazu veranlasst werden, tiefer über die Friedensproblematik nachzudenken und danach zu handeln. Um diesem Drängen nach Wahrheit eine zusätzliche Gasse zu schaffen, deshalb traf ich mit diesem Buchtipp eine gewisse Auswahl der dringlichsten Fragestellungen. Diese poetische Lektüre verdient es, von noch sehr lebendigen und nachdenklichen Geistern gelesen und verinnerlicht zu werden.

   So, wie es in einem Appell der internationalen Allianz der Russlanddeutschen u.a. heißt: „Die Geschichte zeigt, dass, wenn unsere beiden Völker zusammengearbeitet und sich gegenseitig ergänzt haben, das Ergebnis Weltfrieden war. (…) Das inspirierende Projekt `Die Augen von Anna` ist ein hervorragendes Beispiel für Volksdiplomatie auf der Plattform von öffentlichen Organisationen. Es macht die Welt zu einem besseren Ort, erzeugt hohe Gefühle und berührt die Seele. Es sind Projekte wie diese, die unsere kulturellen und historischen Bindungen unzerstörbar machen.“ Den Initiatoren des Projektes spricht die Allianz ihre tiefe Dankbarkeit aus. (S.226/227)




Autoren/Herausgeber: Uwe Durak, Wladimir Fadejew, Wilfried Handwerk, Moskau 2024: „Die Augen von Anna“, Deutsche Poeten über den Frieden, Moskau 2024. Das Buch kann man Online bestellen (Betreff: Die Augen von Anna), über whandwerk@kabelmail.de. Preis 18,00 Euro +Versand



Freitag, 19. April 2024

"Der Mensch in der DDR..." - Prof. Dr. Karl Hecht/ sascha313

 Entnommen: https://sascha313.wordpress.com/2024/04/18/prof-dr-karl-hecht-der-mensch-in-der-ddr-geborgenheit-und-soziales-wohlbefinden/

Prof. Dr. Karl Hecht: Der Mensch in der DDR – Geborgenheit und soziales Wohlbefinden

Erstellt am 18. April 2024 von sascha313
Karl HechtDas Leben in der DDR war nicht problemlos, doch es unterschied sich vom Leben in der BRD wie der hellerlichte Tag von der Finsternis. Und das ist keineswegs übertrieben. Der Arzt und Neurophysiologe Professor Dr. Karl Hecht (1924-2022) hat dieses 20. Jahrhundert durchlebt, und er blieb aktiv und geistig rege bis an sein Lebensende. Wie kaum ein anderer konnte er aus eigener Erfahrung einschätzen, wie extrem die sozialen, kulturellen und die geistigen Unterschiede zwischen beiden Staaten – der imperialistischen BRD und der sozialistischen DDR – waren. Es war so, wie schon Peter Hacks einmal sagte: „Wenn die DDR ein saurer Apfel war, dann ist die BRD ein fauler.“

Ein Plädoyer für unser sozialistisches Vaterland – die DDR
Angesichts der staatsfeindlichen Hetze gegen die DDR, die von der AfD und von allen anderen im Bundestag vertretenen Parteien und Abgeordneten betrieben wird, ist es unumgänglich, hier noch einmal auf die vergleichsweise wirklich hervorragenden Lebens- und Arbeitsbedingungen, auf die soziale Geborgenheit und die beruflichen Perspektiven, auf das unvergleichlich fundierte Bildungswesen, die kulturelle Vielfalt und die hohe Leistungsfähigkeit von Wissenschaft und Produktion hinzuweisen. Nicht ohne Grund hatte sich die DDR im Verlaufe ihrer Entwicklung vom fast völlig zerstörten, von anglo-amerikanischen Bombengeschwadern verwüstetem Land zu einem der hochentwickeltsten Länder, an zehnter Stelle der Welt, heraufgearbeitet. Das war allein dem unermüdlichen Fleiß der Werktätigen der DDR und der kameradschaftlichen Hilfe und Unterstützung durch die Sowjetunion zu verdanken.

Der benachbarte westdeutsche Imperialismus…
Rabenschwarz dagegen ist die Geschichte der BRD – vom mit Nazis und Kriegsverbrechern durchseuchten, militärisch hochgerüsteten Staat, der nichts unversucht ließ, der DDR Schaden zuzufügen, der zu Tausenden gut ausgebildete Arbeitskräfte aus der DDR abwarb, DDR-Grenzsoldaten erschoß und mit allen Mitteln der Propaganda ideologisch auf seine, und nicht zuletzt auch auf unsere Bevölkerung einwirkte, antikommunistische Hetze verbreitete und selbst von einer Krise in die andere schlitterte. Was hatten wir, die in der DDR aufwuchsen, doch für ein Glück, von alledem verschont geblieben zu sein. Über diesen Gegensatz und das Leben und Arbeiten in der DDR schrieb im Jahre 1969 der hochangesehene Arzt, Wissenschaftler und Kommunist Prof. Dr. Karl Hecht.

Der Mensch in der DDR – Geborgenheit
und soziales Wohlbefinden
von Prof. Dr. med. Karl Hecht
Dem 20. Jahrestag der Gründung der
Deutschen Demokratischen Republik
gewidmet.
Dr. Karl Hecht
Die Gestaltung des entwickelten gesellschaftlichen Systems des Sozialismus erfordert eine bewußte Formung unseres sozia­listischen Lebens, eine neue sozialistische Lebensweise. Die Entwicklung der technischen Revolution hat zur Folge, daß die unmittelbaren Produktionsfunktionen des Menschen konti­nuierlich durch technische Mittel ersetzt werden. Die körper­liche und routinemäßige Arbeit wird mehr und mehr von me­chanischen Systemen und Automaten übernommen, die der Mensch in seinen Dienst stellt. Zur Verdeutlichung dieser Ent­wicklung sollen folgende Überlegungen dienen:

Die Funktionen des Arbeitsprozesses
Im Verlaufe des Arbeitsprozesses verrichtet der Mensch be­kanntlich bestimmte Funktionen, deren Zusammenwirken erst die Herstellung des Produktes ermöglicht:

Die technologische Funktion (Veränderung der Form, Zu­sammensetzung und Struktur der Stoffe)
Die energetische Funktion (Das Aufbringen von Energie, Kraftaufwand bei der Arbeit)
Die Transportfunktion (Transportarbeiten mit kürzeren oder längeren Wegen)
Die logische Funktion (Steuerung und Kontrolle des Ge­samtprozesses, theoretische Vorbereitung, Festlegen der ein­zelnen Teiloperationen, Kooperation).
Während früher der Mensch alle diese Funktionen selbst durch­führte, benutzt er bei dem gegenwärtigen Stand der Produk­tivkräfte im weiten Maße für die technologischen, energetischen und Transportfunktionen Maschinen, die er steuert und kon­trolliert.

Der wissenschaftlich-technische Fortschritt
In der wissenschaftlich-technischen Revolution werden nunmehr Möglichkeiten geschaffen, auch die logische Funktion des Menschen wenigstens teilweise durch automatische Anlagen zu ersetzen. Beim Bau dieser Anlagen werden Erkenntnisse über Steuerungs- und Regelvorgänge der Gehirnfunktion ver­wendet. Das Ersetzen der logischen Funktion des Arbeitspro­zesses entlastet den Menschen von zeitraubender mechanischer, organisatorischer und Routinearbeit, wodurch eine wesentliche Voraussetzung für seine weitere allseitige geistig schöpferische Entwicklung gegeben ist.

Welche Herausforderungen stehen vor dem Menschen?
Die sich anbahnende systematische Herauslösung des Menschen aus der unmittelbaren Fertigung im Produktionsprozeß bedingt, daß seine Wahrnehmungs- und Denkleistungen, seine Gefühls­äußerungen, seine Willenskraft und seine Handlungen eine völ­lig neue Qualität erhalten. Damit unterliegen die menschlichen Informationsaufnahmen von Umweltimpulsen verschiedenster Art und noch mehr die Informationsverarbeitung im Gehirn ebenfalls einer progressiven Veränderung. So werden die gei­stig-schöpferische Tätigkeit und die Verbindung von gesell­schaftlich nützlicher Arbeit und Bildung immer mehr zum Le­bensinhalt des sozialistischen Menschen.

„Die entwickelte sozialistische Gesellschaft ist von der Lebens­weise der freien, allseitig entwickelten sozialistischen Menschen geprägt. Sie verwirklicht somit in der Gesamtwirkung ihrer ökonomischen, politischen und moralischen Kraft des mate­riellen und kulturellen Lebensniveaus die historische Über­legenheit über den Kapitalismus“,

betonte Genosse Walter Ulbricht auf dem VII. Parteitag. Die Gestaltung der neuen Le­bensweise erfordert die Einbeziehung aller Teilsysteme des gesellschaftlichen Lebens, einschließlich des Leitungssystems. Eine nicht unbedeutende Rolle kommt dabei dem Gesundheits­wesen der DDR zu. Das bedingt, daß sich einige Tätigkeits­merkmale des Arztes erheblich verändern werden.

Der Beruf des Arztes im Sozialismus
Der Arzt kann nicht wie bisher nur ein biologisch-orientierter Mediziner sein, der aus der Spezifik seines Fachgebietes entweder nur das Herz, die Leber oder die Verdauungsorgane sieht, sondern er muß den gesunden Menschen in seiner gesellschaftlichen Ent­wicklung und Umwelt betrachten. Folglich muß er umfassende Kenntnisse über Gesetzmäßigkeiten der gesellschaftlichen Entwicklung besitzen. Er muß in Betracht ziehen, daß sich die Tätigkeit des Menschen verändert, daß nicht nur bestehende und bekannte Krankheiten bekämpft, sondern neu entstehende in ihrer Komplexität erkannt und vor ihrer Entwicklung im Keime beseitigt werden müssen. Der Arzt tritt den Menschen unserer Gesellschaft immer mehr als Berater und auch als Erzieher gegenüber. Diese Erziehungsfunktion des Arztes setzt voraus, daß sowohl der kranke als auch der gesunde Mensch aktiv und verantwortungsvoll mitwirkt, Krankheiten zu über­winden oder zu verhindern.

Alles für das Wohl des Volkes !
Der Bürger unserer Republik hat nicht nur das Recht auf Gesundheit, sondern auch die Pflicht, seine Lebensweise und seinen Lebensstil so zu gestalten, daß er stets und ständig über eine hohe Leistungsfähigkeit und über ein physisches und psychisch-emotionales Wohlbefinden ver­fügt, um dadurch gesundheitliche Schäden zu vermeiden. Walter Ulbricht sagte auf dem VII. Parteitag:

„Aber wir müs­sen uns darüber klar sein, daß unser Leben so gut sein wird – und nur so gut sein kann –, wie wir es selbst gemeinsam zu gestalten vermögen.“

Die humanistischen Verpflichtungen der DDR-Medizin
In den Thesen zum Symposium „Sozialismus, wissenschaftlich-technische Revolution und Medizin“ (Humanitas, Jg. 1967, Heft 12, Beilage) wird dieser Gedanke folgendermaßen aus­gedrückt:

„Die Erfassung und bewußte Gestaltung der Aus­wirkungen der wissenschaftlich-technischen Revolution auf die Gesundheit des Menschen zwingt zu einer breiten Kooperation der Medizin mit den verschiedensten volkswirtschaftlichen Be­reichen. Die wissenschaftlich-technische Revolution bringt tief­greifende Umgestaltungen des gesellschaftlichen Zusammen­lebens und -wirkens der Menschen mit sich, die von der Um­wälzung der materiell-technischen Basis der Gesellschaft aus­gehen und sich bis in alle Einzelheiten der individuellen Le­bensgestaltung erstrecken. Damit ergeben sich neue Möglich­keiten für die Weiterentwicklung der medizinischen Wissen­schaft und des aktiven Gesundheitsschutzes, die uns auch be­fähigen, neu auftretende Gefahren für die Gesundheit recht­zeitig zu erkennen und ihnen zu begegnen.“
Frieden, Sicherheit und Geborgenheit in der DDR
Die Gestaltung einer sozialistischen Lebensweise hat für die Leiterpersönlichkeiten unseres Staates ganz besondere Bedeu­tung. Wissenschaftliche Untersuchungen bestätigen, daß zwi­schen Leitungs- und Lebensstil eines Leiters enge Beziehungen bestehen. Das Leben eines Leiters kann nicht nur angefüllt sein von unbegrenzter Arbeit, sondern muß als wesentliche Ergän­zung ein ausgeglichenes, abwechslungsreiches Freizeitverhalten haben. Damit reproduziert er seine Arbeitskraft und erhält sich eine hohe Leistungsfähigkeit. Die Verfassung der DDR sichert auch den Führungskadern und Leitern das Recht auf Freizeit und Erholung.

Gleiche Rechte, gleiche Pflichten für alle …
Nicht selten wird eine bereits überholte Vorstellung vertreten, wonach körperliche Anstrengungen, Geschäftigkeit usw. der al­leinige Wertmaßstab für die Arbeitsleistungen seien. Teilweise wird sogar solche unqualifizierte, aber anstrengende Tätigkeit glorifiziert und höher bewertet als geistig-schöpferische Arbeit. Daraus resultiert auch die falsche Meinung, daß Arbeit oder besser „Überarbeitung“ stets gesundheitliche Schäden zur Folge habe. Die Arbeit schadet nicht der Gesundheit, sie fördert diese sogar; aber die Umstände, unter denen die Arbeit durch­geführt wird, können den Menschen in seinen Leistungen und seinem Wohlbefinden beeinträchtigen.

Negative Erscheinungen müssen überwunden werden !
Solche Umstände sind nicht selten unbeachtete, nicht erkannte und unberücksichtigte persönlichkeitspsychologische und sozio­logische Faktoren negativer Art. An den meisten krankhaften Erscheinungen oder Erkrankungen sind die mannigfaltigsten Einflüsse beteiligt. Größtenteils sind es durchaus vermeidbare psychische Ursachen, die das Wohlbefinden, die Leistungsfähig­keit und die Gesundheit stören. Die Psychohygiene sollte des­halb weiteste Verbreitung finden.

Medizin und Wissenschaft bilden eine Einheit
Alle neueren wissenschaft­lichen Forschungen beweisen, daß es immer neue Bestätigungen dafür gibt, daß die psychischen Faktoren für die Gesundheit oder Krankheit von außerordentlich großer Bedeutung sind. So ist einer Arbeit von Dr. Hans Szewczyk zu entnehmen, daß psychische Faktoren negativen Charakters an der Entstehung krankhafter Zustände beteiligt sind. (H. Szewczyk: Entwick­lungsgeschichte und Kritik des Begriffes „vegetative Dystonie“. Psychiatrie, Neurologie und medizinische Psychologie, 1962, Heft 10)

Schädliche Einflüsse und Konflikte …
Der vor wenigen Jahren verstorbene Diabetologe Professor Katsch (Greifswald) brachte das für die Zucker­krankheit wie folgt zum Ausdruck:

„Häufiger als durch eine starke einmalige seelische Erschütterung sehen wir Verschlech­terungen der Stoffwechsellage durch Dauerbelastung, durch schwebende Konflikte, andauernde Höchstbeanspruchungen, widerwärtige Prozeßkämpfe, Aufregungen am laufenden Band.“

(G. Katsch: Zivilisationsschäden und Diabetes. Zivilisations­schäden und deren Physiko-Balneo-Klimato-Therapie. VEB Verlag G. Thieme, Leipzig 1957)
Weiterhin stellte er fest, daß eine ausgeglichene Gemütslage, eine ,Harmonisierung‘, die Re­gulation und damit die Stoffwechsellage der Zuckerkranken verbessert. Die Beteiligung der Psyche beziehungsweise der Hirnprozesse an der Entstehung von Krankheiten wird be­dauerlicherweise von den einschlägigen Spezialisten viel zu wenig beachtet.

Der Kapitalismus macht die Menschen krank !
Der bekannte amerikanische Herz- und Kreis­laufforscher, Professor Page, kam erst nach einem Herzinfarkt im Krankenbett zu der späten Erkenntnis, daß das Außer­achtlassen der psychischen Prozesse bei den Herzkrankheiten eine Fehlorientierung war. Als sich sein Zustand gebessert hatte, ließ er seine Mitarbeiter kommen und teilte ihnen fol­gendes mit:

„In meiner Familie leben wir seit 30 Jahren ent­haltsam fett-fleischarm, salzfrei. Einem Faktor meines Lebens wurde nicht die gebührende Bedeutung beigemessen (auch in meinen Experimenten nicht), der psychischen nervalen Si­tuation: Spannungen beruflicher und privater Art, Aufregun­gen, unnötige Sorgen, Verkrampftheit u.ä. Die nervalen Fak­toren sind in der Pathogenese der kardio-vaskulären Erkran­kungen wichtiger, als wir ahnen, und es wäre vernünftiger, ich hätte besser und schmackhafter gegessen, dafür weniger Auf­regungen gehabt.“

Gesundheitsschutz im Sozialismus
Diese Beispiele lassen die Schlußfolgerung zu, daß auch die Leiter und die Führungskader von der Psychohygiene, von den schädlichen psychischen Prozessen und von den Prozessen der Umwelt, die die funktionellen Abläufe des Gehirns stören, Kenntnisse haben müssen. Dazu gehören aber auch Kenntnisse darüber, wie psychische Prozesse des Menschen positiv gestaltet werden können, denn auch das ist aktiver Gesundheitsschutz. … Die Erfassung und bewußte Gestaltung der Auswirkungen der wissenschaftlich-technischen Revolution auf die Gesundheit der Menschen muß zu einer breiten Kooperation zwischen den ver­schiedenen volkswirtschaftlichen Bereichen und dem Gesund­heitswesen führen. Das ist eine wichtige prophylaktische Maß­nahme, die sich aus der sozialistischen Leitungstätigkeit er­gibt.

Die dargelegten Erkenntnisse zeigen aber auch, daß die Bür­ger der sozialistischen Gesellschaft die wissenschaftlich-tech­nische Revolution nicht zu fürchten brauchen. Im Gegenteil, sie wird zum Nutzen und zum Wohl der Men­schen gemeistert. Eine hohe Verantwortung für die Gesundheit und eine gesunde Lebensführung werden die Krankheiten auf ein Minimum beschränken und die Gesundheit als einen zu planenden Lebensprozeß bewerten.

Die schädlichen Auswirkungen des Kapitalismus
Die Meldungen aus den kapitalistischen Ländern über bösartige Folgen der technischen Revolution häufen sich bedrohlich. „Die nervliche Überbelastung ist eine Krankheit des 20. Jahrhun­derts“, sagen dort die medizinischen Experten. Diese nervalen Überbelastungen sollen angeblich die Ursache für die Selbst­mordquoten sein. Im Herbst 1966 schrieb der „Express“ (Pa­ris):

„Von 10.000 Selbstmorden oder Selbstmordversuchen, die in Frankreich jährlich registriert werden, fallen mehr als 2.000 in den Monat Oktober. Ein Fünftel – und das ist eine Tragödie, denn die meisten sind doch gerade erst aus dem Urlaub mit frischen Kräften zurückgekehrt. Oft befinden sich unter den Selbstmördern Menschen, die – wie man so sagt – alles hatten, um glücklich zu sein. So versuchte der bekannte Schriftsteller Frederik Darr, der den ganzen Sommer in Grie­chenland und Savoyen verbracht hatte, sich am 29. September in seinem Hause zu erhängen. Am nämlichen Tage tötete der einflußreiche Industrielle André Chautel seine Frau und schnitt sich selbst die Kehle durch. Kurz zuvor hatte er eine Gene­sungskur in einer berühmten Klinik absolviert.“

Antihumane gesellschaftliche Verhältnisse
Die Ärzte der imperialistischen Welt nennen diese Erscheinungen die Tra­gödie der Überanstrengungen. Sie berichten von Menschen, die über das ganze Jahr hinweg über Müdigkeit, Depression und Zermürbtheit klagen, und meinen, daß die Müdigkeit zu einem schrecklichen Fluch des modernen Lebens geworden sei. Es werden aber unter diesen Ärzten auch Stimmen laut, daß es besonders die Existenzangst und die hohe Arbeitsintensität seien, die diesen Zustand auslösen. Die Meldungen häufen sich aus dem kapitalistischen Lager, daß Nervenzerrüttungen eben eine Folge der antihumanen Lebensweise sind, in der der Kon­kurrenzkampf im kleinen und großen, die Angst um den Ar­beitsplatz, einen entscheidenden Faktor darstellt.

Das zerrüttete kapitalistische Gesundheitswesen
Die Feststellung von Professor Dr. T. Koszarowski, daß das gesunde oder kranke Zentralnervensystem (auch im Hinblick auf den Nachwuchs) eine immer größere Rolle spielt, ist völlig richtig. Maßgebend für die Schädigungen des zentralen Ner­vensystems sind aber eben besonders die kapitalistischen Le­bensbedingungen. Der antihumanistische Charakter des Aus­beutersystems bleibt nicht ohne negative Folgen für das Ge­sundheitswesen dieser Länder. Symptomatisch hierfür ist die Meinung des westdeutschen Arztes Dr. Luft, der es als Deka­denz bezeichnet, wenn der Mensch „leicht und angenehm“ leben will.

Ein inhaltsleeres und perspektivloses Leben
Die Reizüberflutung der Menschen in den kapita­listischen Ländern infolge der Hetzpropaganda, des Aberglau­bens, der Existenzangst sowie durch die „Bewußtseins- und Vergnügungsindustrie“ und die Reizverarmung andererseits in­folge eines monotonen, inhaltslosen und perspektivlosen Lebens führt zum erheblichen Anstieg der Geistes- und Nervenkrank­heiten. Der amerikanische Psychiater Malzberg stellte fest, daß die Zahl der geisteskranken Patienten, die in Anstalten auf­genommen werden mußten, im Staate New York von 1889 bis 1935 von 260 auf 499 auf 100.000 Einwohner stieg. Im Jahre 1946 waren es bereits 604 von 100.000 Menschen.

Die verheerende Wirkung von Kriegen, Not und Elend
Der füh­rende amerikanische Psychiater Menninger berichtete über die Verbreitung der nervösen Erkrankungen in der Armee der USA folgendes: Im ersten Weltkrieg wurden von annähernd 3 500 000 Untersuchten 69 000, im zweiten Weltkrieg von annähernd 15.000.000 untersuchten Wehrpflichtigen 1.846.000 wegen neuropsychiatrischen Erkrankungen aus der Armee entlassen. Interessant sind auch die Bemerkungen in der Zeitschrift „Me­dizinische Klinik“, die in München erscheint. In den Heften 10 und 14 des Jahrganges 1957 beschäftigt sich die Zeitschrift mit diesem Problem:

„Während man 1954 noch mit einem Achsel­zucken über die Erklärung der amerikanischen Armee, daß mindestens jeder fünfte Wehrpflichtige geistig nicht auf der Höhe sei, hinwegging, lehrt die Statistik heute, daß rund 10 Millionen Amerikaner an Geisteskrankheiten oder an vorübergehenden, periodisch wiederkehrenden Störungen ihrer Ge­hirntätigkeit leiden. Etwa 10 % dieser Menschen sind dadurch pflegebedürftig… Dieses Problem ist schließlich auch für die Wirtschaft nicht ohne Bedeutung, denn nach vorsichtigen Schät­zungen leidet jeder vierte Mensch in den USA an Geistes­störungen, die auf eine emotionale Ursache zurückgehen. Der Wirtschaft soll dadurch ein jährlicher Schaden von 2,5 bis Milliarden Dollar entstehen.“

Die zunehmende „Amerikanisierung“ des Lebens in der BRD
Namhafte Wissenschaftler in den USA und auch in anderen ändern führen die „Massenerscheinungen“ der nervösen Stö­rungen hauptsächlich auf die Umwelteinflüsse einer zunehmen­den „Amerikanisierung“ des Lebens zurück. Es ist leicht verständlich, daß ein so stark reizüberflutetes oder infolge der monotonen Arbeit und des monotonen Lebens reiz­unterflutetes Gehirn den Mehrbelastungen der technischen Re­volution nicht standhalten kann.

Warum ist der Sozialismus die einzige Alternative?
Im Sozialismus ist die Voraussetzung gegeben, daß schädliche Einflüsse der „Amerikanisierung“ ausgeschlossen werden. Dar­über hinaus wird unermüdlich Vorsorge getroffen, daß schäd­liche subjektive und objektive Faktoren reduziert werden. Der Ausschluß der schädlichen Einflüsse aller Art vollzieht sich nicht im Selbstlauf, sondern muß durch eine wissenschaftliche Leitungstätigkeit unter Beachtung gesundheitsschädigender und auch umgekehrt gesundheitsfördernder Faktoren erfolgen.

Revolutionäre Veränderungen sind möglich !
Ideologische Klarheit und Überzeugtheit ist deshalb für die Gesundheit des Leiters wie für die jedes Menschen eine wesentliche Voraussetzung. Umgekehrt muß mit Sicherheit angenommen werden, daß eine unklare und inkonsequente Haltung sowie Perspektivlosigkeit leichter zu krankhaften Erscheinungen führen.  Daraus erklärt sich auch, daß die sogenannte „Amerikanisierung des Lebens“, verbunden mit einer idealistischen Weltanschauung im Kapitalismus die Gesundheit, vor allem die geistige Gesundheit, erheblich beeinträchtigt. Der Mensch ist aber nicht nur ein denkendes, sondern auch ein fühlendes Wesen. Rubinstein brachte das folgendermaßen zum Ausdruck:

„Der Mensch als Subjekt der praktischen und theoretischen Tätigkeit, das die Welt erkennt und verändert, ist weder ein leidenschaftsloser Betrachter der Vorgänge in seiner Umwelt, noch ein bloßer Automat, der bestimmte Handlungen nach der Art einer gut funktionierenden Maschine ausführt.“

Quelle: Karl Hecht „Gesundheit und Menschenführung“. Urania-Verlag Leipzig-Jena-Berlin. 1969, S.5. 5-10, 54-57, 82.



Donnerstag, 18. April 2024

"Die strategische Falle" - RotFuchs

 

Entnommen: https://rotfuchs.net/files/rotfuchs-ausgaben-pdf/2024/RF-314-04-24.pdf



ROTFUCHS



Tribüne für Kommunisten, Sozialisten und andere Linke

Die strategische Falle“ Georg Auernheimer hat ein neues Buch vorgelegt, in dem er den Ursachen, dem Verlauf und den globalen Langzeitfolgen des Ukrainekrieges nachgeht. Der Autor spricht mit Blick auf die bereits langjährige Hochrüstung der Ukraine hier und die einstige Bewaffnung der afghanischen Mudschahedin dort von einer „strategischen Falle“. Hatten die USA dereinst die Sowjetunion zu einer Intervention in Afghanistan provozieren und sie damit entscheidend schwächen wollen, so habe man nun, insbesondere seit dem „Euro-Maidan“ 2014, Rußland aus der Reserve locken, sprich: zu einem Einmarsch in die Ukraine verleiten wollen. Wäre dem so, dann ließe sich damit erklären, warum jener Plan für einen Waffenstillstand, der bereits im Frühjahr 2022 bei weitreichenden Zugeständnissen Rußlands sowie der Ukraine auf dem Tisch lag, nicht im Interesse des Westens sein konnte. Nach einem kurzen Abriß der innerrussischen Verhältnisse nach 1990, etwa mit Blick auf den Rückzug des Staates unter Jelzin und auf die wirtschaftspolitische Stabilisierung unter Putin, geht Auernheimer zur geopolitischen Gemengelage ab Mitte der 90er Jahre über. Er erinnert an das Wort von Zbigniew Brzezinski, wonach der Kampf um die Ukraine der entscheidende Hebel zur Schwächung Rußlands sei. Denn „ohne die Ukraine“, so hatte der einstige US-Sicherheitsberater in seinem Buch „The Grand Chessboard“ geschrieben, höre „Rußland auf, ein eurasisches Imperium zu sein“. Es folgt das kleine Einmaleins der Vorgeschichte des Ukrainekriegs: die NATO-Osterweiterung seit den 90er Jahren; der „Euro-Maidan“ 2014, dessen Verlauf und Ergebnisse Auernheimer angesichts der gezielten Förderung nationalistischer und neofaschistischer Gruppierungen unumwunden als prowestlichen Putsch bezeichnet; die von Kiew geförderte Heldenverehrung des NaziKollaborateurs Stepan Bandera; der im westlichen Europa medial kaum erwähnte Krieg Kiews gegen die Bevölkerung im Osten des eigenen Landes (ab 2014); der Unwille zur Verständigung, vor allem die Mißachtung des Minsker Abkommens, das laut Ex-Kanzlerin Angela Merkel ohnehin nur dazu gedient habe, „der Ukraine Zeit zu geben“; das Tauziehen um die Pipeline Nord Stream 2, die die USA erklärtermaßen verhindern wollten. All das mag kennen, wer die Ereignisse auch jenseits der großen Medien verfolgt. Umso interessanter sind die weniger bekannten Hintergründe. Beispiel eins: der CIA-Anschlag von 1982 auf eine Pipeline, die Westeuropa einschließlich der Bundesrepublik mit Erdgas aus der Sowjetunion versorgen sollte – ein Vorfall, den die Washington Post 2004 ans Licht brachte. Ein Hinweis auf den Anschlag auf Nord Stream 2 im September 2022? In beiden Fällen hatten die USA das Projekt auf politischem Weg nicht verhindern können. Beispiel zwei: der auch kulturell durchschlagende Geschichtsrevisionismus in der Ukraine etwa mittels Sprachgesetzen, Theater- oder Denkmalpolitik. Vielfach wurde der NS-Kollaborateur Stepan Bandera auf den Sockel gehoben, während man andere hinunterstieß, die des Gedenkens nicht mehr würdig schienen, darunter Maxim Gorki, Leo Tolstoi oder Anton Tschechow. Derweil wurde der 14. Oktober, der historische Gründungstag der profaschistischen Ukrainischen Aufstandsarmee (UPA), zum Feiertag erklärt. Eine Kulturpolitik, die im transatlantischen Westen – siehe die jahrzehntelang gepflegten Netzwerke ehemaliger ukrainischer NS-Kollaborateure in der Bundesrepublik, in den USA oder in Kanada – mitunter gezielt protegiert wurde. Und die im Gesamtbild, das legt der Band nahe, womöglich Teil der „strategischen Falle“ gewesen ist. Auernheimer läßt zahlreiche nüchterne Stimmen aus Diplomatie und Militär zu Wort kommen, die sich vom politisch-medialen Mainstream abheben. Das gilt zum einen für die lange Vorgeschichte des Krieges, in der George F. Kennan, US-Diplomat und Historiker, bereits 1997 „eine Erweiterung der NATO“ als „verhängnisvoll“ bezeichnete. Mehr noch gilt es für die Phase seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine – mithin für einen Krieg, den der Autor nicht beschönigt, dessen beidseitige Opfer er aufzeigt. Und bei dem er, trotz der eigenen Befürchtung, zynisch zu wirken, einen militärischen Vergleich mit den Kriegen des Westens nicht scheut. Unter Verweis auf Harald Kujat, einst Generalinspektor der Bundeswehr, auf den Pentagon-Berater Colonel Douglas Macgregor und auf den Schweizer Oberstleutnant Ralph Bosshard heißt es, die Zahl der zivilen Opfer und die Zerstörung von Infrastruktur – wie Strom- und Wasserversorgung, Krankenhäuser, Schulen oder Medienanstalten – sei noch vergleichsweise gering, zumindest, wenn man ihnen die Opfer der Luftangriffe der NATO in Jugoslawien und mehr noch der US-geführten Kriegskoalition im Irak dagegenstellt. Doch zweifellos sei auch dieser Krieg desaströs, konstatiert Auernheimer. Und dies bis hin zu den Klimafolgen, wie ein eigenes Kapitel verdeutlicht. Auch die Emissionen eines NATO-Manövers seien unermeßlich, geschweige denn von schwerem Gerät im Kriegseinsatz. Allein der Kampfpanzer Leopard 2 verbrauche bis zu 530 Liter Diesel auf 100 km, ein Eurofighter etwa 70 bis 100 Liter Kerosin pro Minute – elf Tonnen CO2 pro Flugstunde, das sei „so viel, wie durchschnittlich eine in Deutschland lebende Person im gesamten Jahr emittiert“. Und Friedensverhandlungen? Die aussichtsreichsten und am weitesten gediehenen fanden unter türkisch-israelischer Vermittlung bereits im Frühjahr 2022 statt. Sie wurden jedoch vom damaligen britischen Premier Boris Johnson torpediert – offenbar, weil die in Aussicht gestellte Neutralität der Ukraine den strategischen Zielen des Westens zuwiderlief. Noch stand die „Falle“ zu weit offen; zudem verlangte sie es, immer mehr Waffen an Kiew zu liefern und die Boykottmaßnahmen immer weiter zu verschärfen, um Rußland „zu ruinieren“ (Annalena Baerbock). Im Verlauf der Lektüre allerdings drängt sich die Frage auf: Wer läuft eigentlich in wessen Falle? Ist es vielleicht gar der Westen, der auf längere Sicht in eine Falle läuft, die er sich selbst gestellt hat? Die Entwicklung an den Fronten des Wirtschaftskriegs mag dafür sprechen, insbesondere im Fall Deutschlands und der EU. Auch für den Westen insgesamt, einschließlich seiner Führungsmacht USA, könnte der Ukrainekrieg, ob nun gezielt provoziert oder nicht, zum Katalysator eines langen Abstiegs werden. Nicht zuletzt angesichts des neuen Selbstbewußtseins des globalen Südens und angesichts entsprechender tektonischer Verschiebungen, die das Buch konstatiert, mag die Falle gleichsam zum Bumerang werden. Für die weiteren Auswirkungen des Ukrainekriegs auch auf die deutsche Innenpolitik hält Auernheimer zweierlei Aussichten parat: Die „massive Aufrüstung“ lasse angesichts eines „weiteren Abbaus des Sozialstaats“ künftig „soziale Proteste erwarten“. Bisherige Prognosen etwa zu einem „heißen Herbst“ 2022 oder 2023 erfüllten sich zwar kaum. Doch für den Fall, daß sich die Kämpfe zuspitzen, verweist Auernheimer auf eine Gefahr, die sich nicht nur in Deutschland abzeichnet: Die „Herrschenden und Vermögenden“ könnten, wie in der Vergangenheit, „die Unzufriedenheit in eine faschistische Bewegung umlenken“. In dieser Hinsicht sei „die Verharmlosung des ukrainischen Faschismus alarmierend“. Unterm Strich drängt sich mit dem Band auf: Statt immer weiterer Waffenlieferungen wäre eine Friedenslösung das Gebot der Stunde – im Sinne der Menschen in der Ukraine und in Rußland; im Sinne des absteigenden Westens und von dessen Volkswirtschaften; im Sinne der Abwendung einer ökologischen Katastrophe, zu deren Brandbeschleunigern Kriege gehören.

german-foreign-policy.com, 1.3.24 Redaktionell gekürzt Georg Auernheimer: Die strategische Falle. Die Ukraine im Weltordnungskrieg. Köln (PapyRossa Verlag) 2024. 191 Seiten. 16,90 Euro